„Prinzessin Eisenherz“ rief mich an, da war unsere Liebe schon ein Stück verrostete Erinnerung auf dem Schrottplatz meines Lebens, der Mann nach mir, ihr Jetziger, habe sie… Den Rest konnte ich mir denken. Ob ich nicht sofort zu ihr…
Zu diesem Zeitpunkt war sie stolze 800 Kilometer und zwei lange Jahre von mir entfernt. Aber – klar – ich ging brav zur Bank, meine letzte Kohle holen, kaufte mir eine Bahnfahrkarte und fuhr zu ihr hin. Weil, so dachte ich, ein derartiger Notruf nicht einfach ignoriert werden kann. Vergangenheit her oder hin.
Aber gleich am Bahnhof fing sie an, mich zu beschimpfen und sich zu beklagen, dass Männer alle zusammen untreu und Schweine seien. Und ihre Augen funkelten mich dabei hexenböse an. Ich stand nur da und sagte nichts. Kurz darauf ließ sie die Tränen fließen. Denn jetzt hatte sie wieder einen, dem sie ihren Gefühlszirkus präsentieren konnte. Wie früher ich unsicher, wie ich reagieren sollte, dachte, am besten nimmst Du sie jetzt in den Arm. Aber, nichts da, ich wurde weggestoßen, und sie sagte, sie wolle auf der Stelle alleine sein.
Zuerst stand ich nur nutzlos irgendwo zwischen gestern und heute herum. Dann fand ich den kurzen Weg ins nahe gelegene Bahnhofslokal, das glücklicherweise sogar geöffnet hatte, und verfluchte mich, dass ich nach ihrem Anruf mein Herz nicht ins Gefrierfach gelegt und abgewartet hatte, bis es wieder normalwarm gewesen wäre. Ich saß noch nicht lange und hatte auch noch nichts bestellt, als es mich wieder von meinem Stuhl hochriss. Ich stürzte zur Tür hinaus, ihr hinterher, bis ich sie eingeholt hatte. Im selben Moment fiel mir ein, warum. Statt meines verlorenen Taschenmessers hatte ich vor einigen Wochen ein altes Skalpell eingesteckt. Das überreichte ich ihr als Abschiedsgeschenk. Und sagte: Zur Obduktion Deiner Beziehungsleichen!
Ihr überraschter Blick war die Reise wert. Noch bevor sie eine passende Antwort aus dem Labyrinth ihrer Empfindungen herauspulen konnte, war ich bereits wieder im Bahnhof und bestieg den nächsten Zug retour.
Wie mir einige Jahre später ein gemeinsamer Bekannter erzählte, hat sie nach einer langen männerlosen Trauerzeit sich einem Professor an den Hals geworfen. Da hängt sie nun, und er kann in nächsten Jahren auf den Kauf von Krawatten verzichten.